Kodierfähigkeit vom Krankenhaus veranlasster Leistungen Dritter
Urteil des Bundessozialgerichts vom 29. August 2023 (Az. B 1 KR 18/22 R)
Das Bundessozialgericht hat kürzlich ein Urteil dazu gefällt, unter welchen Voraussetzungen von einem Krankenhaus veranlasste Leistungen Dritter kodierfähig sind und daher vom Krankenhaus gegenüber der Krankenkasse abgerechnet werden können.
Im zugrundeliegenden Fall stritten die Parteien über die Vergütung einer stationären Krankenhausbehandlung. Eine Versicherte der beklagten Krankenkasse war an einem in Lunge und Skelett metastasierenden Gebärmutterkrebs erkrankt und befand sich deswegen in ambulanter Strahlentherapie in einer Praxis, die u.a. Leistungen der Strahlentherapie durchführte. Später wurde die Versicherte im klagenden Krankenhaus vollstationär durch Chemotherapie behandelt. Die bereits zuvor ambulant begonnene Strahlentherapie wurde durch die Praxis auch in diesem Zeitraum fortgesetzt und dem Krankenhaus in Rechnung gestellt.
Sandra Timmann
Fachanwältin für Medizinrecht
Rechtsanwältin Timmann berät und vertritt Krankenhäuser im Krankenhausrecht, insbesondere zur Vergütung stationärer Krankenhausleistungen, (DRG-Abrechnungen, Fallprüfungen) und hiermit in Zusammenhang stehenden Klageverfahren, außerdem berät sie Leistungserbringer zur Kostensicherung.
Das Krankenhaus wiederum berechnete für die stationäre Behandlung der Versicherten gegenüber ihrer Krankenkasse eine Fallpauschale, die sich auf Grundlage der mehrfachen Kodierung der Strahlentherapie ergab. Die Krankenkasse zahlte auf diese Rechnung nur einen Teilbetrag und führte zur Begründung aus, dass das Krankenhaus nicht berechtigt sei, die von der Praxis durchgeführten strahlentherapeutischen Leistungen abzurechnen. Das Krankenhaus war im Krankenhausplan der Freien und Hansestadt Hamburg u.a. mit dem Fachgebiet „Innere Medizin“ aufgenommen. Im Krankenhausplan war zudem das Fachgebiet „Strahlentherapie“ eigens ausgewiesen. Das klagende Krankenhaus war diesem Fachgebiet jedoch nicht zugewiesen. Es verfügte auch über keine Abteilung für Strahlentherapie.
Das Bundessozialgericht kommt in seinem Urteil zu dem Ergebnis, dass die von der Praxis für das Krankenhaus durchgeführte Strahlentherapie nicht kodierfähig war. Vom Krankenhaus veranlasste Leistungen Dritter seien nur dann als eigenständige Operationen und Prozeduren nach dem OPS kodierfähig, wenn das Krankenhaus sie nach dem Inhalt seines Versorgungsauftrags auch selbst erbringen durfte. Das war hier nicht der Fall.
Ausgangspunkt für die rechtliche Prüfung des Bundessozialgerichts war § 2 Abs. 2 S. 2 Nr. 2 KHEntG, wonach zu den allgemeinen Krankenhausleistungen auch die vom Krankenhaus veranlassten Leistungen Dritter gehören, die unter Berücksichtigung der Leistungsfähigkeit des Krankenhauses im Einzelfall nach Art und Schwere der Krankheit für die medizinisch zweckmäßige und ausreichende Versorgung des Patienten notwendig sind. Zugelassene Krankenhäuser sind verpflichtet, die Versicherten mit allen während der stationären Behandlung notwendigen (auch ambulanten) Behandlungen zu versorgen. Denn sie tragen während der stationären Behandlung trotz der Hinzuziehung von Dritten für die Versicherten die Gesamtbehandlungsverantwortung. Danach kam das Gericht zu dem Ergebnis, dass es sich bei der ambulant durchgeführten Strahlentherapie zwar durchaus um eine allgemeine Krankenhausleistung handelte.
Die Kodierfähigkeit scheiterte im vorliegenden Fall aber daran, dass die Erbringung der Strahlentherapie nicht vom Versorgungsauftrag des Krankenhauses umfasst war. Das Bundessozialgericht geht dabei davon aus, dass sich dem Gesetz entnehmen lasse, dass der Versorgungsauftrag bestimme, welche medizinischen Leistungen ein Krankenhaus erbringen darf und muss. Der Versorgungsauftrag eines Krankenhauses ergibt sich bei einem Plankrankenhaus aus den Festlegungen des Krankenhausplans in Verbindung mit den Bescheiden zu seiner Durchführung nach § 6 Abs. 1 iVm § 8 Abs. 1 S. 3 KHG sowie einer ergänzenden Vereinbarung nach § 109 Abs. 1 S. 4 SGB V (§ 8 I 4 Nr. 1 KHEntgG). Da das klagende Krankenhaus keinen Versorgungsauftrag dafür hatte, Leistungen der Strahlentherapie selbst mit eigener personeller und sachlicher Ausstattung durchzuführen, durfte es diese Leistungen auch nicht kodieren.
Fazit
Als Ergebnis der Entscheidung des Bundessozialgerichts bleibt festzuhalten, dass ein Krankenhaus veranlasste Leistungen Dritter nur unter engen Voraussetzungen kodieren und damit erlöswirksam abrechnen kann. Die veranlasste Leistung muss vom Versorgungsauftrag des Krankenhauses umfasst sein. Selbst wenn die vom Krankenhaus veranlassten Leistungen Dritter zu den allgemeinen Krankenhausleistungen zählen, für die das Krankenhaus gegenüber dem Patienten die Gesamtbehandlungsverantwortung trägt, führt dies nicht stets zur Kodierfähigkeit dieser Leistungen. Die vom Krankenhaus veranlassten Leistungen Dritter sind nur dann kodierfähig, wenn das Krankenhaus sie nach dem Inhalt seines Versorgungsauftrags auch selbst hätte erbringen dürfen.