Das Strukturmerkmal der Blutbank iSv der OPS-Prozedur 8-98f wird durch ein Blutdepot erfüllt!
Entscheidungsbesprechung LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 06.08.2019 – L 11 KR 1859/18
Problembeschreibung
Die OPS-Prozedur 8-98f.* (Aufwendige intensivmedizinische Komplexbehandlung) sah bis einschließlich 31.12.2017 das Strukturmerkmal der „Blutbank“ als ein zu erfüllendes Mindestmerkmal vor.
Das SG Ulm hat in einem von unserer Kanzlei vertretenen Verfahren die Anforderung der Blutbank in der OPS-Prozedur 8-98f.* (Aufwendige intensivmedizinische Komplexbehandlung) definiert. Wir berichteten hierzu bereits in der Ausgabe 10/2018. Das LSG Baden-Württemberg hat nunmehr die erstinstanzliche Entscheidung bestätigt.
Jan Twachtmann, LL. M.
Fachanwalt für Medizinrecht
Rechtsanwalt Twachtmann berät und vertritt Krankenhäuser im Krankenhausrecht, insbesondere zur Vergütung stationärer Krankenhausleistungen, (DRG-Abrechnungen, Fallprüfungen) und hiermit in Zusammenhang stehenden Klageverfahren.
Entscheidung
Das LSG Baden-Württemberg hat sich in der Bewertung vollumfänglich dem SG Ulm angeschlossen (vgl. SG Ulm, Urteil vom 05.04.2018 – S 13 KR 1185/17).
Danach existiert keine medizinisch-wissenschaftliche Definition für das Strukturmerkmal der Blutbank. Es existiere lediglich eine Definition in der Enzyklopädie Wikipedia, danach handele es sich um eine Lagerstätte für Blutprodukte. Auch sprachwissenschaftlich werde diese Definition unterstützt: Denn das Zweitglied „-bank“ drücke aus, dass es sich um eine Institution zur Sammlung und Aufbewahrung des mit dem Erstglied (= Blut) bezeichneten handelt; hier also die Sammlung und Aufbewahrung von Blutprodukten.
Der beklagte Kostenträger hingegen definierte das Strukturmerkmal der Blutbank als die Notwendigkeit einen transfusionsmedizinischen Dienst vorzuhalten.
Nach Auffassung des LSG kann dem Begriff im Übrigen nichts entnommen werden. Es sei völlig offen, ob die Blutbank nicht vielleicht sogar ein Weniger darstellen könne, als ein Blutdepot i. S. v. § 11a TFG, wie es noch das SG Ulm festgestellt hat. Hierauf kam es in dem hier entschiedenen Fall jedoch nicht an, da der klagende Krankenhausträger unstrittig über ein Blutdepot i. S. v. § 11a TFG verfügte. In der mündlichen Urteilsverkündung teilte der Senatsvorsitzende noch mit, dass man der Systematik nur entnehmen könne, dass es sich um eine Institution eines Krankenhauses handeln müsse, da es sich bei der OPS-Klassifikation um ein Regelwerk handele, das die Krankenhausvergütung regele. Es könne sich aber jedes Krankenhausinstitut Blutbank nennen, sofern dies nicht irreführend im Sinne des Wettbewerbsrechts sei. Nicht irreführend sei es, wenn das klagende Krankenhaus sein Blutdepot als Blutbank bezeichne. Im Übrigen spreche einiges dafür, dass es sich bei der Blutbank um den räumlichen Bezirk handele, in dem die Blutprodukte aufbewahrt werden.
Das LSG Baden-Württemberg hat die Revision nicht zugelassen.
Bewertung
Die Entscheidung des LSG Baden-Württemberg ist zutreffend, sie basiert auf der ständigen Senatsrechtsprechung und der ständigen Rechtsprechung des BSG, die von dem Grundsatz der wortlautgetreuen Auslegung ausgeht (vgl. exemplarisch für die ständige Rechtsprechung BSG, Urteil vom 23.06.2015 – B 1 KR 21/14 R, Rn. 14).
Zur Auslegung ist also zunächst eine ggf. bestehende medizinisch-wissenschaftliche Definition und in Ermangelung dessen eine allgemeine sprachliche Definition heranzuziehen. In diesem Fall gibt es keine medizinisch-wissenschaftliche Definition des Begriffs „Blutbank“, eine allgemeine Definition gibt es nur über die sprachliche Herleitung aus dem Zweitglied „-bank“. Diese Herleitung spricht für die vom Krankenhaus vertretene Definition, nämlich, dass es sich um eine Sammelstelle für Blutprodukte handelt. Eine Definition dahingehend, dass ein transfusionsmedizinischer Dienst vorgehalten muss erscheint vor diesem Hintergrund sehr fernliegend.
Danach reicht jedenfalls ein Blutdepot i. S. v. § 11a TFG aus, um das Strukturmerkmal der Blutbank zu erfüllen. Möglicherweise reicht auch eine reine Lagerstätte für Blutprodukte aus, die den Voraussetzungen von § 11a TFG nicht gerecht wird. Rechtsprechung hierzu gibt es aktuell – soweit ersichtlich – nicht. Der Wortlaut würde eine solche Annahme stützen.
Unserer Rechtsauffassung nach erscheint die Rechtslage zwischenzeitlich abschließend geklärt.
Der Rechtsstreit zeigt einmal mehr auf, dass es den Institutionen zunehmend schwerer fällt, rechtssichere Formulierungen für die Vergütungsregelungen zu finden. Für die Krankenhäuser ist die dadurch entstehende Rechtsunsicherheit belastend.
Unklar ist vorliegend noch, ob der Kostenträger eine Nichtzulassungsbeschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision einlegt; die Beschwerdefrist ist im Zeitpunkt der Drucklegung noch nicht abgelaufen.