Kein Anspruch auf Zahlung einer Aufwandspauschale bei fehlender Angabe einer ausreichenden medizinischen Begründung
Das Bundessozialgericht hat kürzlich ein Urteil dazu gefällt, ob ein Krankenhaus die Zahlung einer Aufwandspauschale nach § 275c Abs. 1 Satz 2 SGB V von der Krankenkasse verlangen kann, wenn die im Wortlaut der Vorschrift formulierten Voraussetzungen zwar erfüllt sind, das Krankenhaus vor der Beauftragung des Medizinischen Dienstes aber eine angeforderte medizinische Begründung für die Dauer der Krankenhausbehandlung nicht gegeben hat.
Im zugrundeliegenden Fall stritten die Parteien über die Zahlung einer Aufwandspauschale. Eine Versicherte der beklagten Krankenkasse wurde im klagenden Krankenhaus stationär behandelt. Das Krankenhaus teilte der Krankenkasse dabei ein geplantes Entlassungsdatum mit, das jedoch um zwölf Tage überschritten wurde. Für einen Teil dieser Überschreitung stellte das Krankenhaus der Krankenkasse einen Langliegerzuschlag in Rechnung. Die Krankenkasse bat sodann um eine medizinische Begründung für die Überschreitung des voraussichtlichen Entlassdatums und die angefallenen Langliegertage. Das Krankenhaus gab an, der Zustand der Versicherten sei aus medizinischer Sicht noch nicht gut genug gewesen, um eine Entlassung vornehmen zu können. Weitere Details zum Stand der Versicherten und zur Behandlung dürften aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht in dieser Form erörtert werden. Die Krankenkasse beauftragte daraufhin den Medizinischen Dienst mit der Begutachtung, ob die Überschreitung der oberen Grenzverweildauer in vollem Umfang medizinisch begründet gewesen sei. Der Medizinische Dienst bejahte dies. Daraufhin beglich die Krankenkasse die Rechnung des Krankenhauses in voller Höhe.
Sandra Timmann
Fachanwältin für Medizinrecht
Rechtsanwältin Timmann berät und vertritt Krankenhäuser im Krankenhausrecht, insbesondere zur Vergütung stationärer Krankenhausleistungen, (DRG-Abrechnungen, Fallprüfungen) und hiermit in Zusammenhang stehenden Klageverfahren, außerdem berät sie Leistungserbringer zur Kostensicherung.
Mit seiner Klage forderte das Krankenhaus Zahlung einer Aufwandspauschale von 300 €. Die Klage wurde in der zweiten Instanz vom LSG Rheinland-Pfalz abgewiesen. Die Revision des Krankenhauses hatte keinen Erfolg.
Das Bundessozialgericht kommt zu dem Ergebnis, dass die im Wortlaut der Vorschrift des § 275c Abs. 1 Satz 2 SGB V formulierten Voraussetzungen zwar erfüllt seien. Der Anspruch scheide jedoch wegen Verletzung einer Informationspflicht des Krankenhauses aus. Einem Anspruch des Krankenhauses stehe entgegen, dass die Beauftragung des Medizinischen Dienstes aufgrund eines Fehlverhaltens des Krankenhauses erfolgte. Das Krankenhaus habe seine Pflicht verletzt, auf Verlangen der Krankenkasse eine medizinische Begründung für die Dauer der Krankenhausbehandlung zu geben, und habe dadurch das Prüfverfahren veranlasst.
Das Bundessozialgericht bestätigte insoweit zunächst seine Rechtsprechung, wonach ein Anspruch auf Zahlung einer Aufwandspauschale auch dann nicht bestehe, wenn zwar keine Verminderung des Abrechnungsbetrages eintritt, das Prüfverfahren aber durch ein Fehlverhalten des Krankenhauses veranlasst worden ist.
Im vorliegenden Fall ergab sich aus § 301 Abs. 1 Satz 1 HS 1 Nr. 3 SGB V die ausdrücklich angeordnete Pflicht des Krankenhauses, eine medizinische Begründung an die Krankenkasse zu übermitteln. Dabei sei das Krankenhaus verpflichtet, eine inhaltliche Begründung zu liefern, welche konkreten medizinischen Umstände zum längeren Behandlungsverlauf geführt haben. Erst eine solche Begründung ermögliche es der Krankenkasse, über die Notwendigkeit der Beauftragung des Medizinischen Dienstes zu entscheiden. Die Mitteilung des Krankenhauses im vorliegenden Fall genüge den genannten Anforderungen nicht.
Auch Gründe des Datenschutzes rechtfertigten das Unterlassen einer medizinischen Begründung nicht. § 301 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB V stelle eine gesetzliche Ermächtigung zur Übermittlung von medizinischen Daten des Versicherten an die Krankenkasse zur Überwachung der Wirtschaftlichkeit der Leistungserbringung dar. Das Krankenhaus war somit datenschutzrechtlich berechtigt und leistungserbringungsrechtlich verpflichtet, auf das Verlangen der Krankenkasse konkrete, medizinische Gründe für die Verweildauer mitzuteilen.
Fazit
Das Bundessozialgericht hält an seiner Rechtsprechung fest, dass ein Anspruch auf eine Aufwandspauschale auch dann nicht besteht, wenn das Krankenhaus das Prüfverfahren durch ein Fehlverhalten veranlasst hat. Ein solches Fehlverhalten ist auch in der unterlassenen Mitteilung einer medizinischen Begründung für die Dauer der Krankenhausbehandlung zu sehen. Es zeigt sich, dass das Bundessozialgericht Wert auf die konstruktive Zusammenarbeit zwischen Krankenhäusern und Krankenkassen legt. Aus Sicht der Krankenhäuser sollte daher, in Fällen einer sich abzeichnenden Überschreitung der voraussichtlichen Verweildauer, sorgfältig auf die Angabe einer medizinischen Begründung geachtet werden, um den Anspruch auf die Aufwandspauschale nicht zu verlieren.