Die medizinische Begründung der Krankenhausbehandlung
Tagtäglich erhalten Krankenhäuser von Krankenkassen, meist unter Nutzung der Möglichkeiten, die das Verfahren der Abrechnung im Wege elektronischer Datenübertragung gemäß § 301 Abs. 3 SGB V bietet, die Aufforderung, eine erfolgte Krankenhausbehandlung medizinisch zu begründen. Nicht selten verlangen die Krankenkassen parallel dazu, jedenfalls in den Bundesländern, in denen Verträge gemäß § 112 Abs. 2 SGB V geschlossen wurden und sich eine entsprechende Regelung findet, darüber hinaus noch einen sogenannten Kurzbericht.
Ralf Bregenhorn-Wendland
Fachanwalt für Sozialrecht
Rechtsanwalt Bregenhorn-Wendland berät und vertritt Krankenhäuser im Krankenhausrecht, insbesondere im Krankenhausplanungsrecht sowie in Abrechnungsfragen.
Ob die Vertragspartner auf Landesebene angesichts des bestehenden enumerativen Datenkataloges des § 301 Abs. 1 SGB V und der grundsätzlich geforderten Datensparsamkeit auf der Grundlage des Regelungsinhalts des § 112 Abs. 2 SGB V ermächtigt waren oder sind, eine Verpflichtung zur Übersendung eines Kurzberichts zu vereinbaren, muss durchaus kritisch betrachtet werden. In den Bundesländern, in denen sich eine entsprechende Regelung in den Landesverträgen nicht findet, wird der Kurzbericht offensichtlich nicht vermisst, hat insbesondere auch keinerlei Nutzen, da er ohnehin in Form eines standardisierten Berichts lediglich die Daten zusammenfasst, die seitens des Krankenhauses gemäß § 301 SGB V bereits an die Krankenkasse übermittelt wurden. Nichtsdestotrotz ist er bis heute nach stetiger sozialgerichtlicher Rechtsprechung von Krankenhäusern zu erstellen und Krankenkassen auf deren Verlangen hin zu übermitteln. Erfolgt dies nicht, wird die Rechnung nicht fällig. Hier wird sich der aufmerksame Leser bereits die Frage stellen, warum Landeskrankenhausgesellschaften solche sinnentleerten Regelungen in den Landesverträgen nach § 112 SGB V nicht längst aufgekündigt haben.
Die Erstellung und Übermittlung einer medizinischen Begründung der Krankenhausbehandlung zählt in deutschen Krankenhäusern darüber hinaus zum täglichen „Pflichtprogramm“ und verursacht oftmals nicht unerheblichen Kommunikationsaufwand, denn fehlt es an der medizinischen Begründung, wird – so die Befürchtung auf Seiten der Leistungserbringer – auch in diesem Falle nach der sozialgerichtlichen Rechtsprechung die Rechnung des Krankenhauses nicht fällig.
Aber wo ist die medizinische Begründung geregelt und wann ist sie vom Krankenhaus gegenüber der Krankenkasse abzugeben?
Das Gesetz kennt nur eine Vorschrift, nämlich § 301 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 SGB V. Danach müssen Krankenhäuser den Krankenkassen im Wege des Datenträgeraustausches den Tag, die Uhrzeit und den Grund der Aufnahme sowie die Einweisungsdiagnose, die Aufnahmediagnose, bei einer Änderung der Aufnahmediagnose die nachfolgenden Diagnosen, die voraussichtliche Dauer der Krankenhausbehandlung sowie, falls diese überschritten wird, auf Verlangen der Krankenkasse die medizinische Begründung, bei Kleinkindern bis zu einem Jahr das Aufnahmegewicht, übermitteln. Das SGB V enthält somit nur eine einzige Erlaubnisnorm, die das Krankenhaus berechtigt und verpflichtet, in dem einzigen dort geregelten Fall eine medizinische Begründung zu übermitteln. Seit vielen Jahren sind Krankenkassen fortwährend bemüht, die Regelung auszuhöhlen und den Krankenhäusern zusätzliche Begründungspflichten aufzuerlegen. Durchaus mit Erfolg, wie einige Urteile des Bundessozialgerichts, etwa vom 16.05.2012 – B 3 KR 14/11 R – oder vom 21.03.2013 – B 3 KR 28/12 R – bestätigen. Die Urteile sind zu atypischen Konstellationen ergangen, in denen eine regelhaft ambulant vorzunehmende Krankenbehandlung stationär durchgeführt wurde. Eine medizinische Begründung muss nach dieser Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, entgegen dem eindeutigen Wortlaut der Gesetzesnorm – vom Krankenhaus gegenüber der Krankenkasse also immer dann abgegeben werden, wenn es sich um eine regelhaft ambulant durchzuführende Krankenhausbehandlung gehandelt hat. Dies sind grundsätzlich die Behandlungen, die entweder der GBA durch Beschluss der vertragsärztlichen Versorgung originär zugewiesen hat (vgl. Methodenrichtlinie) oder die von den Vertragspartnern auf Bundesebene in den Katalog des AOP-Vertrages aufgenommen wurden. Teilstationäre Leistungen, etwa die teilstationäre Dialyse, zählen dazu nicht (zuletzt nochmals ausführlich: Sozialgericht Gelsenkirchen mit Urteil vom 19.10.2020 – S 48 KR 1570/16).
Nicht selten – und in Zeiten limitierter Prüfquoten deutlich zunehmend – verlangen Krankenkassen auch über diese atypischen Konstellationen hinausgehend von Krankenhäusern nach Abrechnung der Krankenhausbehandlung für diese eine medizinische Begründung. Für Krankenhäuser besteht in diesen Fällen nicht nur keine Verpflichtung, eine solche zu übermitteln, sondern vielmehr ein Übermittlungsverbot. Gleichen Krankenkassen die Krankenhausrechnung in diesen Fällen nicht innerhalb der verkürzten fünftägigen Zahlungsfrist nach § 417 S. 1 SGB V aus, verletzen diese ihrerseits nach stetiger sozialgerichtlicher Rechtsprechung das sogenannte kompensatorische Beschleunigungsgebot. Den Krankenhäusern steht dann nach Ablauf der fünftägigen Zahlungsfrist und Eintritt der Fälligkeit der Rechnung der Klageweg zur Durchsetzung ihres Zahlungsanspruchs offen.