Update zu: Fahrtkosten bei Verlegung in ein anderes Krankenhaus.

Bundessozialgericht klärt Rechtslage bei Verlegungsfahrten zwischen zwei Standorten eines Krankenhauses i.S.d. § 60 Abs. 2 S. 1 N. 1 SGB V.

Bereits im August 2023 (KU-Gesundheitsmanagement Ausgabe 08/2023) berichteten wir über die aktuelle Rechtsprechung zur Erstattung von Fahrtkosten im Sinne des § 60 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 SGB V bei Verlegungen von einem Krankenhausstandort zu einem anderen Standort. Fraglich war bis dahin, wie der Begriff „in ein anderes Krankenhaus“ im Sinne des § 60 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 SGB V auszulegen war. Zugrunde lag eine Klage eines Transportunternehmens gegen eine Krankenkasse, das Krankenhaus war in dem Verfahren beigeladen.

Philipp Schachtschneider

Philipp Schachtschneider

Rechtsanwalt
Fachanwalt für Medizinrecht

Rechtsanwalt Schachtschneider berät und vertritt Krankenhäuser im Krankenhausrecht, insbesondere zur Vergütung stationärer Krankenhausleistungen, (DRG-Abrechnungen, Fallprüfungen) und hiermit in Zusammenhang stehenden Klageverfahren.

Nach der erstinstanzlichen Entscheidung des Sozialgerichts Reutlingen vom 08.01.2020 (S 1 KR 3340/18) sowie der – ebenfalls für die Krankenhäuser positiven – Entscheidung des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 27.07.2022 (L 5 KR 522/22), hat nunmehr der 3. Senat des Bundessozialgerichts mit Urteil vom 22.02.2024 (Az. B 3 KR 15/22 R) – abseits vom Augenmerk auf den 1. Senat – über die Rechtsfrage letztgültig entschieden.

Das Bundessozialgericht hat dabei die Entscheidung des Landessozialgerichts Baden-Württemberg aufgehoben. Die schriftlichen Urteilsgründe liegen nunmehr vor.

Das Bundessozialgericht hat sich ausdrücklich gegen eine Kostenübernahme von Transportkosten im Sinne des § 60 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 SGB V gestellt, wenn es sich ausschließlich um die Verlegung von Patientinnen und Patienten zwischen zwei Standorten eines Krankenhauses handelt und damit auch einer Erstattung von angefallenen Transportkosten im Verhältnis Krankenhaus – Transportunternehmen eine klare Absage erteilt. Diese Kosten seien den Krankenhäusern nicht gesondert von den Krankenkassen zu vergüten. Vielmehr seien diese Kosten als allgemeine Krankenhausleistungen im Sinne des § 2 Abs. 2 S. 1 und 2 Nr. 2 KHEntgG zu qualifizieren und damit bereits von der abgerechneten Fallpauschale abgegolten. In der Entscheidungsgründen heißt es wörtlich:

„Für innerklinische (krankenhausinterne) Krankentransporte während der Dauer einer stationären Behandlung sind die diese Transportleistungen veranlassenden und in Anspruch nehmenden Krankenhäuser den Krankentransportunternehmen auf zivilrechtlicher Rechtsgrundlage vergütungspflichtig. Bei diesen Krankentransporten handelt es sich um vom Krankenhaus veranlasste Leistungen Dritter im Sinne des § 2 Abs 2 Satz 2 Nr 2 KHEntgG, die zu den allgemeinen Krankenhausleistungen nach § 2 Abs 2 Satz 1 KHEntgG gehören ([…]). Als von der Gesamtbehandlungsverantwortung umfasst sind die Vergütungen vom Krankenhaus veranlasster Leistungen Dritter durch Krankenhäuser diesen nicht gesondert von den Krankenkassen zu erstatten. […]

Nach diesen Maßstäben scheidet hier ein Vergütungsanspruch der Klägerin gegen die beklagte Krankenkasse nach den §§ 133, 60 SGB V aus. Die streitigen qualifizierten Krankentransporte von in einem Standort des beigeladenen Plankrankenhauses bereits stationär aufgenommener Versicherter zu einem anderen Standort dieses Krankenhauses zur stationären Weiterbehandlung dort waren keine Verlegungen in ein anderes Krankenhaus zu einer neuen stationären Behandlung iS des insoweit abschließenden § 60 Abs 2 Satz 1 Nr 1 SGB V, sondern Teil der allgemeinen Krankenhausleistungen in der Gesamtbehandlungsverantwortung der Beigeladenen, die von der Beklagten mit Fallpauschalen entgolten worden sind.“

(Markierung durch den Autor)

Die Argumentation des 3. Senats weicht erheblich von der sachlichen und auch nachvollziehbaren Begründung des Landessozialgerichts Baden-Württemberg ab, die medizinische Notwendigkeit des Transportes rückt gänzlich in den Hintergrund. Vielmehr geht das Bundessozialgericht hier von einem „einheitlichen Krankenhausbegriff“ im Sinne des § 108 Nr. 2 SGB V aus („[…] Fahrten bereits stationär aufgenommener Versicherter zwischen zwei Standorten desselben Krankenhauses sind keine Verlegungsfahrten in ein anderes Krankenhaus“). Bei einer Verlegung von Patientinnen und Patienten zu einem anderen Standort eines Krankenhauses zur Weiterbehandlung könne nicht von einer Verlegung in ein anderes Krankenhaus zu einer „neuen stationären Behandlung im Sinne des insoweit abschließenden § 60 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 SGB V“ ausgegangen werden. Die Krankentransporte seien als Teil der Krankenhausbehandlung gemäß § 39 Abs. 1 S. 3, 1. HS SGB V zu qualifizieren.

Fazit

Die Entscheidung des 3. Senats des Bundessozialgerichts ist ein herber Rückschlag für Krankenhäuser mit mehreren Standorten, bei welchen Transporte von Patientinnen und Patienten zu dem jeweils anderen Standort zwingend medizinisch angezeigt sind. Eine Kostenerstattung nach § 60 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 SGB V kommt für die Krankenhausträger mit der aktuellen Entscheidung des Bundessozialgerichts nicht mehr in Betracht, obschon hier durchaus relevante Kosten anfallen können. Eine Übernahme der durch das Transportunternehmen angefallenen Kosten durch die gesetzlichen Krankenkassen ist damit ausgeschlossen; die in Auftrag gegebenen Transportleistungen sind von den Krankenhäusern an die jeweiligen Transportunternehmen zivilrechtlich zu vergüten.